Mit noch ganz frischen Eindrücken von der Canton Fair in Guangzhou, berichte ich heute über meinen Besuch auf der Canton Messe und beantworte alle Fragen, die ich mir vorher gestellt habe und die andere sich vielleicht auch stellen:
Vorbereitung auf die Canton Messe / Visum für China
Um ein Visum für China zu bekommen, muss man eine Einladung zur Canton Messe vorlegen. Sicher fahren auch einige mit einem Touristenvisum zur Messe, aber ich wollte den offiziell richtigen Weg gehen.
Die Anmeldung erfolgt über die offizielle Webseite und ist nicht so einfach, wie ich es gerne gehabt hätte. Man muss ein Bild hochladen und ich habe drei Anläufe gebraucht, bis das Bild endlich den Vorgaben entsprochen hat. Am Ende habe ich das Bild genommen, das auch in meinem Pass ist und das wurde dann akzeptiert.
Danach konnte ich die Einladung ausdrucken und damit das Visum beantragen.
Zunächst war ich nicht sicher, ob die Einladung ausreichen würde. Auf der Einladung stand nur mein Name (mit Bild), jedoch nicht meine volle Anschrift (wie die Visavorschriften es eigentlich vorsehen) und so habe ich sicherheitshalber zur Visabeantragung zwei Formulare mitgenommen (Business und Touristenvisum). Für ein Touristenvisum muss man die Hotelbestätigung mitnehmen, für das Business Visa reicht die Einladung. Die Einladung wurde anstandslos akzeptiert und so konnte ich mit dem Business Visum einreisen.
Das Visum selbst finde ich unverhältnismäßig teuer: Für eine einmalige Einreise musste ich knapp 125 Euro bezahlen.
Hier war mir schon fast die Lust auf China vergangen, aber das sollte sich später ändern.
Anreise
Ich hatte mich für einen Flug nach Hongkong entschieden, weil ich auch in Hongkong Messen besuchen wollte.
Von Hongkong aus kommt man bequem mit der Bahn ab Hung Hom Station in ca. 1,5 Stunden nach Guangzhou. Man muss die Tickets nicht vorab reservieren, allerdings kann es sein, dass ein Zug ausgebucht ist und man auf den nächsten warten muss.
Auf dem Rückweg ist mir das passiert, weil viele, die Phase 2 und Phase 3 der Canton Fair besuchen, in der Zwischenzeit die Messen in Hongkong besuchen und die Züge dementsprechend voll sind, aber man kommt in jedem Fall zurück nach Hongkong. Der Zug ist bequem und überfüllte Züge wie in Deutschland gibt es nicht, weil jeder einen Sitzplatz hat.
Hotelauswahl in China
Bei der Auswahl des Hotels habe ich darauf geachtet, dass das Hotel einen Shuttlebus zur Messe anbietet, allerdings habe ich später auf der Messe festgestellt, dass wohl fast alle Hotels Shuttlebusse zur Messe anbieten. Ich habe in meinem ganzen Leben zusammen noch nie so viele Busse gesehen wie auf der Canton Messe in Guangzhou. Leider bewerben nicht alle Hotels den Shuttleservice, so dass die Auswahl kleiner ist, wenn man auf Nummer sicher gehen will. Auf der Messeseite findet man vor der Messe die Hotels, die offiziell einen Shuttle anbieten.

Hotel Shuttlebus zur Canton Messe
Ich hatte mich für das Grand Royal Hotel in Guangzhou entschieden und war damit zufrieden.
Offiziell ist es je nach Anbieter ein 4-5 Sterne Hotel und das entspricht auch dem deutschen Standard.
Die Zimmer sind sehr groß (mehr als 40qm), das Frühstück ist wirklich fantastisch und auf 5 Sterne Niveau. Ich würde das Hotel als Business-Hotel empfehlen können.
Gebucht habe ich das Hotel jedoch nicht über die Messeseite, sondern über Expedia, weil es dort am günstigsten war.
Tipp: Zuerst das Hotel auf der Messeseite auswählen und dann den Preisvergleich im Netz starten.
Umdenken muss man bei der Angabe der Entfernung zur Messe: Mein Hotel lag offiziell 5 km von der Messe entfernt (das ist sicher auch in etwa richtig), in Guangzhou – einer Stadt mit mehr als 20 Millionen Einwohnern und dem entsprechenden Verkehrsaufkommen sind das jedoch ungefähr 40 Minuten Fahrzeit.
Perfekt gelegen ist das Shangri-La Hotel. Es liegt direkt gegenüber der Messe.
Internet in China
Vor der Messe war eine meiner größten Sorgen, dass ich in China Probleme mit dem Internetzugang haben könnte, jedoch waren diese Sorgen völlig unbegründet. Ich hatte mir einen VPN Client (HidemyAss) auf meinem Smartphone und meinem Laptop installiert und konnte problemlos alle Seiten aufrufen. Im Hotel war in jedem Bereich schnelles W-Lan verfügbar und auch auf der Messe gab es keinerlei Schwierigkeiten mit dem Internetzugang.
Unterwegs kann man in vielen Geschäften (z.B. Starbucks) W-Lan nutzen, so dass man immer online sein kann.
Geärgert habe ich mich wieder einmal über Vodafone. Vorher wurde mir versichert, dass ich mein Handy in China problemlos nutzen kann. Ich sollte die Willkommens-SMS abwarten und mich dann für einen Tages-bzw. Wochentarif entscheiden.
Leider hat das wieder einmal nicht geklappt.
In Europa funktioniert das Roaming einwandfrei , weltweit habe ich schon das zweite Mal in diesem Jahr das Problem, dass es eben nicht klappt.
Beim letzten Mal in den USA habe ich viel Zeit mit dem Vodafone Chat vertrödelt und am Ende hat es trotzdem nicht funktioniert. Dieses Mal habe ich mir das gleich gespart, aber wie gesagt, es gibt überall problemlos W-Lan.
Problem Taxifahrer
Etwas problematisch wird es, wenn man die Stadt erkunden will, denn die Taxifahrer sprechen so gut wie nie englisch – ich habe keinen einzigen getroffen. Man muss sich also vorher sehr gut vorbereiten und alles auf Chinesisch ausdrucken, wenn man sich mit dem Taxi bewegen will.
Tipp: Drucken Sie in jedem Fall! die Hoteladresse in chinesisch aus, damit Sie immer wieder zurück zum Hotel kommen!
Und wie in anderen Städten auch: Nehmen Sie ein Taxi mit Taxameter.
Canton Messe Check-In
Beim ersten Messebesuch erhält man ein Besucherbadge, dass für drei Jahre gültig ist und danach verlängert werden kann.
Um das Badge zu erhalten, muss man sich zunächst mit der Einladung, die man ausgedruckt hat, auf der Messe registrieren und das nimmt etwas Zeit in Anspruch, weil es lange Warteschlangen gibt- in den kommenden drei Jahren kann man dann einfach den Eingang nutzen.
Dolmetscher für die Canton Fair?
Einige engagieren für die Messe einen Dolmetscher – nach meiner Erfahrung ist das überflüssig. Auf der Messe sprechen alle Aussteller sehr gut englisch.
Die Canton Messe

Canton Fair Guangzhou
Begeistert würde nicht ausreichen, um zu beschreiben, wie ich die Canton Messe empfunden habe.
Die Canton Fair ist unglaublich gut organisiert, alleine das Management der Shuttlebusse muss eine extreme Herausforderung sein, die unglaublich professionell gelöst wird. Nicht an einer Stelle hatte ich das Gefühl, dass etwas verbessert werden könnte. Alles ist wirklich absolut perfekt gelöst.
Verhungern muss niemand, der sich dem chinesischen Essen verweigert:-)

McDonalds auf der Kanton Messe:-)
Und selbst für Unterhaltung zwischendurch ist gesorgt.

Unterhaltung auf der Canton Messe
Die Messe ist in 3 Phasen aufgeteilt. Zwischen den Phasen werden jeweils einige Tage benötigt, um alle Stände ab- und wieder aufzubauen. Am Anfang konnte ich das nicht verstehen, jetzt staune ich, dass sie das in vier Tagen bewerkstelligen!
Die Messe ist so gigantisch groß, dass es absolut unmöglich ist, die komplette Messe in drei Tagen zu schaffen.
In Phase 2 sind 42 Messehallen voll besetzt.
Ich habe mich in zwei Tagen auf 9 Hallen konzentriert und habe mir am dritten Tag noch einige Hallen oberflächlich angesehen. Man muss sich vorher gut vorbereiten und überlegen, wo man Prioritäten setzen möchte.

Canton Messe Guangzhou
Produkte auf der Canton Fair
Ich habe Phase 2 der Canton Fair besucht und war mehr als beeindruckt von der extrem hohen Qualität der angebotenen Produkte. Es gibt nur sehr wenige typische „China-Produkte“ in minderwertiger Qualität. Die überwältigende Mehrzahl der angebotenen Produkte ist qualitativ auf einem sehr hohen Level.
Ich habe sehr viele Ideen mitgenommen und dabei nicht nur Produkte für den deutschen Markt gefunden.

Messestand Canton Messe
Einige Produkte, die ich entdeckt habe, eignen sich besser für den US Markt, andere für den Markt in UK, aber auch für diejenigen, die nicht international aktiv sind, ist die Messe der perfekte Ort, um Inspirationen zu sammeln.
Einige Produkte hätte ich gar nicht auf dem Schirm gehabt, aber mein Gefühl hat mich nicht getäuscht: Ich hab einige Nischenprodukte gefunden, die bei eBay Abverkaufsquoten von bis zu 90%! haben!
Sicher hilft in meinem Fall, dass ich den Markt schon alleine durch meine Bücher und meine langjährige Erfahrung sehr gut kenne und gut einschätzen kann, was laufen könnte, aber ich bin sicher, dass wirklich jeder auf der Canton Messe gute Produkte finden kann.
Bei vielen Ausstellern habe ich nur Visitenkarten mitgenommen, weil ich mir erst in Deutschland die Zeit nehmen wollte, mir die Produkte genauer anzusehen. Es wird noch einige Tage dauern, bis ich alle Produkte ausgewertet habe, aber von den Produkten, die mir auf Anhieb am besten gefallen haben,hat kein Produkt bei eBay eine Abverkaufsquote von weniger als 50%.
Tipp: Bei der nächsten Messe würde ich ein eMail Postfach nur für die Messe einrichten und dafür Visitenkarten drucken lassen, denn jeder Aussteller, von dem Sie sich eine Karte geben lassen, möchte natürlich auch eine Visitenkarte von Ihnen haben. Da auch einige Produkte dabei sind, die am Ende nicht in Frage kommen, ist es besser, ein extra Postfach für den „Ausschuß“ zu haben.

Canton Messe Guangzhou
MOQ- Mindestbestellwert
Teilweise liegt der MOQ auf der Messe recht hoch. Ich habe einige Produkte gefunden, die sehr groß sind und bei einem MOQ von 500 Stück habe ich ein Problem mit der Lagerkapazität. Zum Teil kann man verhandeln, aber zum Teil bleibt der MOQ für kleine Händler trotzdem zu hoch.
Tipp: Lassen Sie sich auf der Messe inspirieren und suchen Sie dann bei Alibaba nach weiteren Anbietern, die eine geringere Mindestabnahme voraussetzen und lassen Sie sich Muster schicken.
Geld sparen bei Mustersendungen
Ein Kanadier hat mir von seinen guten Erfahrungen mit der Firma eto.com berichtet. Dieses Unternehmen sammelt Samplebestellungen und verschickt dann alles zusammen in einem Paket. So müssen Sie, wenn Sie Muster bestellen nicht für jedes Muster Versandkosten bezahlen. Ich werde das demnächst ausprobieren und dann darüber berichten.
Kontakte zu anderen Käufern knüpfen
Ein wichtiger Aspekt sind die Kontakte, die man auf der Messe knüpfen kann und damit meine ich nicht nur die Kontakte zu den Herstellern. Ich habe auf der Messe und im Hotel andere Messebesucher aus der ganzen Welt getroffen und von vielen interessante Informationen bekommen.
Der Erfahrungsaustausch mit internationalen Käufern ist noch einmal ganz anders, als der Erfahrungsaustausch mit deutschen Verkäufern.
Ein Besuch auf der Canton Fair öffnet den Blick für diejenigen, die dafür offen sind.
Geht nicht gibt es in China nicht
Zugegeben, ich bin sicher nicht die leichteste Kundin. Wenn ich mir etwas vorstelle, dann hätte ich das auch gerne so umgesetzt, auch wenn das möglicherweise nicht üblich ist. In Deutschland stoße ich dabei regelmäßig an Grenzen. „Ja, aber…geht nicht…das macht aber niemand so (was ja nicht heißt, dass es nicht besser wäre, wenn man mal etwas anders macht!) sind so die typischen Antworten, die ich in Deutschland oft höre.
In China denken die Leute anders mit. Auch wenn meine Ideen nicht zu 100% umsetzbar sind, kam sofort ein Alternativvorschlag der im Ergebnis das, was ich mir vorstelle, löst.
So wollte ich z.B. einen bestimmten Logodruck auf Zipbeuteln. In Deutschland war das so nicht möglich- in China öffnet der Aussteller die Schublade, zeigt mir ein Beispiel und fragt, ob ich mir das so vorgestellt habe und hat damit exakt das getroffen, was ich gerne haben wollte und mit seinem Beispiel zeigt er auch, dass er nicht nur verstanden hat, was ich gerne wollte, er hatte es in der Vergangenheit bereits für andere Händler umgesetzt.
Diese Erfahrung habe ich mehrmals gemacht.
Geht nicht gibt es in China nicht.
Sicher muss man darauf achten, dass der Aussteller seine Versprechen auch halten kann, aber wie gesagt, einige konnte mir direkt vor Ort Beispiele zeigen, dass sie meine Ideen bereits für andere Kunden umgesetzt hatten.
Treffen mit bestehenden Geschäftspartnern
Ich habe die Zeit in Guangzhou auch genutzt, um mich mit Lieferanten zu treffen, mit denen ich bereits Geschäfte mache und alleine diese Treffen haben sich mehr als gelohnt. So konnten wir z.B. die Shippingkosten optimieren, weil wir die Verpackungen verändern werden und das, was ich in Zukunft dadurch einsparen werde, finanziert diese Reise bereits.
Auch hier war ich begeistert von der Art, wie die Chinesen mitdenken und ohne mit der Wimper zu zucken in der Lage sind, bestehende Lösungen zu kippen und bessere Lösungen zu finden.
Die Schnelligkeit mit der sie das umsetzen ist enorm. Vor nicht einmal einer Woche haben wir darüber gesprochen, gestern war die Produktion mit den neuen Verpackungen bereits fertig.
Ein Tipp zum Schluß für die Jetlag-geplagten
Ich gehöre leider zu denen, die in Richtung Asien extrem mit einem Jetlag zu kämpfen haben. Ich habe es in Asien schon erlebt, dass ich drei Tage gebraucht habe, um nur einigermaßen zu funktionieren. Da die Canton Fair einem einiges abverlangt, wäre es verheerend, wenn man nicht wirklich fit ist. So hatte ich mich entschieden, auf dem Hinweg einen Stop-Over in Abu Dhabi einzulegen und diese Entscheidung war goldrichtig. Nach knapp 7 Std Flugzeit bin ich morgens um 06.00 in Abu Dhabi gelandet und hatte dort ein Tageszimmer gebucht. Den Tag habe ich mir am Pool gegönnt. Das „große“ Gepäck hatte ich in Berlin bis Hongkong durchchecken lassen.
Für den Tag am Pool hatte ich alles im Handgepäck dabei.
So hatte ich nach diesem Stop-Over schon die erste kleinere Zeitumstellung verdaut und mich bis zum Abend auch von den ersten Flugstunden erholt.
Spätabends ging es dann weiter nach Hongkong und so konnte ich im Flugzeug schlafen und bin morgens fit in Hongkong gelandet. Durch diese Unterbrechung und die Ruhe am Pool hatte ich das allererste Mal nicht mit einem Jetlag zu kämpfen und konnte energiegeladen in China starten.
Gerade denjenigen, die noch nie in Asien waren und nicht wissen, wie ihr Körper auf die Zeitumstellung reagiert, würde ich diese Unterbrechung ans Herz legen, damit der Körper die Umstellung in zwei Etappen besser verarbeiten kann.
Und sonst?
Guangzhou selbst wird nicht mein privates Traumziel werden. Wenn ich Guangzhou mit einem Wort beschreiben müsste, würde mir spontan nur „laut“ einfallen.

Guangzhou City
Die Chinesen selbst sind ein „gewöhnungsbedürftiges“ Volk.
Beim Essen ist es schöner, wenn man keinen Chinesen in der Nähe hat, denn schmatzen,schlürfen,Bäuerchen machen gehört dort zum guten Ton, gehört aber zu den Dingen, an die ich mich als Europäerin nicht gewöhnen wollte.
Auch wenn Chinesen auf der Straße das unterste nach oben kehren und mit einer bemerkenswerten Hingabe auf die Straße spucken, zuckt man als Europäer schon zusammen, wenn man dieses Geräusch hört, dass die nächste Spuckfontäne ankündigt.
Es gibt auch auf der Messe leider auch einige (männliche) Aussteller, die speziell Frauen etwas „von oben herab“ behandeln und ihnen gegenüber sehr distanziert sind, aber die überwältigende Mehrzahl ist sehr freundlich, fast schon herzlich und sehr angenehm im Umgang.

Guangzhou
Fazit
Für mich hat sich die Messe auf ganzer Linie gelohnt! Ich habe tolle Produkte gefunden, konnte wertvolle Kontakte zu Ausstellern und anderen internationalen Käufern knüpfen und bin voller Tatendrang zurück nach Deutschland gekommen.
Selbst wenn am Ende nur 3-5 Produkte wirklich in Frage kommen, so lohnt sich die Messe in jedem Fall und ich würde jedem – auch kleinen Händlern- raten, diese Messe einmal zu besuchen!

DHL auf der Canton Fair
Wir sehen uns auf der nächsten Messe! Wer Lust auf ein Treffen auf der nächsten Canton Messe hat, kann sich gerne per Mail oder über Facebook bei mir melden! Vielleicht bekommen wir eine kleine Gruppe zusammen:-)

Canton Messe Guangzhou
Die Abverkaufsquote von angebotenen Artikeln bei eBay kann man z.B. mit Terapeak ermitteln.
Gruß
Marion
Toller Bericht!
Wie wird denn die Abverkaufsquote ermittelt?
Sind das schon existente Produkte anderer Mitbewerber auf diversen Verkaufplattformen?
Gruß Jan.